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Die Analyse des männlichen Ruheständlers

Ob du Rentner bist oder Pensionär,
als alternder Mann hast du es schwer.
Ja, da lacht ihr, die von Arbeit getrieben,
uns ist leider nichts davon geblieben.

Wir sind ohne Stress und werden nicht gemoppt;
in unserem Alter wird auch kaum noch gepoppt
und überall kommen dazu noch die Falten;
arbeitslos aber nicht mittellos, das sind wir Alten.

Was machen wir nun mit unserem Leben,
welchen Inhalt wollen wir dem Tag nun geben.
Wir sind ja so verschieden, ich krieg die Krise -
also schreiben wir erst mal eine Analyse:


Der Freizeitgenießer:

Da haben wir einen, dem der Dienst schon lange reicht,
der jeden Tag vom Kalender streicht
und meint, die harte Zeit kommt nicht mehr wieder;
und heute singt er Jammerlieder.

Ach wie hat er schon drauf gewartet,
bis die Zeit des nichts tun startet.
Spät ins Bett, lange schlafen, Bücher lesen;
wäre da nicht seine „bessere Hälfte“ gewesen!

So hat er sich das schön ausgedacht,
doch die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Und in seiner misslichen Lage -
denkt er oft an seine alten Arbeitstage.


Der Strukturfreak:

Wir kommen jetzt zu dem treuen Pflichtgesellen,
zuverlässig und korrekt auf allen Arbeitsstellen,
der sich auch auf seinen Ruhestand freut
und wie bekannt keine Arbeit scheut.

Wie im Dienst, es auch zu Hause auszuführen
heißt, den Haushalt regeln, straffen, strukturieren
und mit seinem Küchenplan setzt er noch einen drauf;
ja, das Schicksaal nimmt jetzt seinen Lauf.

Ach mein Lieber, es war gut gemeint,
doch nach dem Donnerwetter, wie es scheint,
bis du doch  jetzt auch wieder froh
und keine Witzfigur mehr von Loriot.


Der Rastlose:

Schon im Dienst war alles knapp bemessen;
Freizeit, die konnte man bei ihm vergessen.
Sportverein, Ehrenämter oder politisch vorbelastet,
ein Mensch, der immer rennt und niemals rastet.

Auf den Ruhestand gewartet, um nun loszulegen,
endlich darf er sich mal mehr bewegen.
Mutti putzt schon das Haus und pflegt den Garten;
da brauchst du auf den Ehekrach nicht lange warten.


Der Frauenheld:

Von Kopf bis Fuß, von der Sohle bis zum Scheitel;
sag bloß nicht, sie wären eitel.
Vermeintlich schön und jung, wollen sich beweisen,
sie gehören lange noch nicht zum alten Eisen.

Sie denken an früher, da hat es geflutscht,
da ist ihnen der Verstand in die Hose gerutscht.
Sie glauben und hoffen auf den zweiten Lenz;
mit den Jahren wächst zwar die Weißheit, aber nicht die Potenz.

So leben sie in einer anderen Welt;
sie erscheinen nur noch im Geist als Frauenheld,
und wurden auch damals die Mädels weich -
im Alter zieht nur noch berühmt und reich.


Der Hobbymensch:

Sie träumten schon im Dienst von ihren Jagdtrophäen;
ach, was ist es doch im Wald so schön
oder im Fluss den Wurm zu baden;
Hauptsache Natur, das kann nicht schaden.

Oder sie erzählen sich spannende Geschichten,
wie sie Tauben oder Kaninchen züchten;
und andere sieht man zackige Marken sortieren
und Schrebergärtner, die ihr Obst probieren.

Man darf es hier auch nicht verschwitzen;
denn ungenannt beleidigt man die Fotofritzen.
So lebt ein jeder glücklich und zufrieden -
Gott sei Dank, sind wir alle grundverschieden.

Als Ruheständler haben wir nicht zu klagen;
zu Hause haben wir nichts zu sagen;
die Stellung und der Dienstgrad sind jetzt ohne Wert
und trotzdem leben wir unbeschwert.

© Werner Franz